Als einen der großen Risikofaktoren für Lieferketten sehen unter anderem die Analysten von Everstream Analytics aktuell ESG-Verstöße (Environmental, Social, Governance). Es geht dabei ebenso um die Wahrung von Menschenrechten an Produktions- und anderen Standorten weltweit wie um die Verringerung von Treibhausgasemissionen. Hinsichtlich des zweiten Punktes wird es zudem laut KPMG immer wichtiger, die sogenannten Scope-3-Emissionen zu überblicken und zu reduzieren. Als Scope 1 bis 3 definiert das GHG Protocol (Greenhouse Gas Protocol) die Bereiche, in denen Unternehmen für Treibhausgase verantwortlich sind. Scope 1 meint direkte Emissionen, die zum Beispiel bei der Produktion oder durch eigene Fahrzeuge entstehen. Scope 2 bezieht sich auf den indirekten Treibhausgasausstoß, der durch zugekaufte Energie verursacht wird; und Scope 3 auf Emissionen, die indirekt innerhalb der restlichen Wertschöpfungskette entstehen, etwa durch Geschäftspartner verursacht werden.
In Zukunft müssen Unternehmen daher nicht nur selbst ökologisch handeln. Es ist auch notwendig, zunehmend nachvollziehbar Aufschluss über die Nachhaltigkeit ihrer Lieferketten zu geben – etwa wegen neuer Regulatorien wie dem EU-Lieferkettengesetz oder dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG). Und auch Kundenbedürfnisse sind in diesem Zusammenhang relevant: Mehr als die Hälfte der Kunden möchte gemäß einer Gartner-Umfrage nur noch Geschäfte mit Firmen machen, die sich für soziale und ökologische Nachhaltigkeit einsetzen.
Damit Betriebe entsprechende Bemühungen nachweisen können, sind transparente Lieferketten essenziell. Und hier leisten digitale Technologien wie das IoT einen wichtigen Beitrag. Sensoren an Produktionsstätten, die den Energieverbrauch ermitteln, oder Tracking-Lösungen zur Standortbestimmung beim Transport in der Logistik, die zeigen, ob Fahrzeuge möglichst ressourcenschonende Routen nehmen: Solche Anwendungen liefern Daten, die die Nachhaltigkeit sichtbar machen – oder auch offenlegen, wo noch Nachholbedarf besteht. So müssen sich Unternehmen am Ende der Supply Chain nicht auf bloße Aussagen von ihren Geschäftspartnern am anderen Ende der Erde verlassen. Sondern sie sehen den Wahrheitsgehalt der Angaben schwarz auf weiß. So können sie die Idee von einer nachhaltigen Lieferkette in die Tat umsetzen und dies sowohl dem Gesetzgeber als auch den Kunden gegenüber offenlegen.
Komplexes Supply Chain Management meistern
Überhaupt ist Transparenz bei Lieferketten auch 2023 eines der höchsten Güter: Gemäß KPMG sehen zwei Drittel der global führenden Unternehmen einen genauen Überblick als entscheidend an, um zukunftsfähig zu bleiben. Doch den zu behalten, ist nicht immer einfach. Ein Schlagwort, das gerade während der vergangenen Jahre an Bedeutung gewonnen hat, ist Diversifizierung: Statt etwa von einzelnen Zulieferern abhängig zu sein und so bei Lieferproblemen Komplikationen wie Produktionsstopps zu riskieren, können Unternehmen zusätzliche Geschäftsbeziehungen zu ähnlichen Betrieben an verschiedenen Orten auf der Welt etablieren. Multiple statt Single Sourcing heißt das Prinzip.
Dieses Vorgehen verringert auf der einen Seite die Abhängigkeit und reduziert Risiken. Auf der anderen erhöht es wiederum die Komplexität: Denn wo mehr Teilnehmer im Spiel sind, wird das Spielfeld fast unweigerlich unübersichtlicher. Das macht es umso wichtiger, die zentralen Stellen jederzeit genau im Blick zu behalten, zum Beispiel Lagerbestände. Durch das Internet of Things samt entsprechender Hard- und Software lassen sich etwa Wareneingangskontrolle und Bestandsmanagement automatisieren. Gleiches gilt für Bestellvorgänge, sollten bestimmte Produkte oder Rohstoffe knapp werden. Am Ende können Firmen durch solche Lösungen leichter einen Mindestbestand im Lager aufbauen und verwalten. So sind kritische Abläufe auch bei ausbleibenden Lieferungen zumindest für eine bestimmte Zeit gesichert, weil stets die wichtigsten Teile vorhanden sind. Angesichts der weiterhin hohen Volatilität der (Wirtschafts-)Welt eine Maßnahme, die sich bald auszahlen könnte.
Unsicherheiten durch Digitalisierung ausgleichen
Volatil ist die Welt nicht zuletzt auch wegen geopolitischer Spannungen. Vergleichbar mit Phasen der Pandemie, als Mikrochips aus Asien zur Rarität wurden, warteten Betriebe in Deutschland im vergangenen Jahr beinahe schlagartig vergeblich auf Stahlprodukte, Holz und andere Mittel für das eigene Geschäft. Zwar bleiben solche Ereignisse in der Regel unberechenbar und die (wirtschaftlichen) Folgen lassen sich durch die digitale Transformation nicht immer und vollständig auffangen. Allerdings ist es möglich, die negativen Effekte zu begrenzen.
Digitale Informationen mithilfe des Internet of Things entlang der Lieferkette zu sammeln und mit smarten Software-Lösungen zu verarbeiten, kann Unternehmen hier unterstützen – vor allem in Verbindung mit weiteren Technologien wie künstlicher Intelligenz (KI). Denn so lassen sich Zukunftsszenarien modellieren und erforderliche Maßnahmen schneller einleiten. Was passiert, wenn Bauteil X über einen Zeitraum Y nicht geliefert werden kann? Können andere Lieferanten die fehlende Menge problemlos ausgleichen? Müssten neue Geschäftspartner gesucht werden und wie hoch könnten etwaige Mehrkosten ausfallen? Wie lange würde es im Zweifelsfall dauern, bis die Fließbänder stillstehen? Antworten auf solche Fragen müssten betroffene Firmen dank digitaler Lösungen entlang der Lieferkette nicht erst suchen, wenn es eigentlich schon zu spät ist. Sondern könnten stattdessen zielgerichtet reagieren.
Die digitale Transformation der Lieferkette
Die Digitalisierung entlang der Supply Chain voranzutreiben, ist weiterhin eine der effektivsten Möglichkeit, um aktuelle Herausforderungen zu bewältigen und sich auf kommende vorzubereiten. Handlungsfelder gibt es dabei viele, zum Beispiel der Transport. Im Rahmen der Logistik 4.0 kommen unter anderem IoT-Geräte zum Einsatz – nicht allein, um durch Satellitensysteme wie GPS oder Galileo digitales Tracking umzusetzen und die exakte Ortung von Gütern zu ermöglichen. Temperatur- und Erschütterungssensoren erlauben auch die Zustandskontrolle der Fracht und schlagen etwa Alarm, wenn verderbliche Waren zu warm zu werden drohen. Im Lager sorgt die richtige IT-Infrastruktur dafür, dass vernetzte Roboter eingehende Lieferungen an die ideale Stelle im Regal transportieren. Und durch cloudbasierte Software zum Supply Chain Management sind Unternehmen weltweit in der Lage, schnell und einfach Daten online auszutauschen und Prozesse zu optimieren. Die positiven Effekte, die sich durch diese und viele weitere Maßnahmen erzielen lassen, sind ebenfalls vielfältig: Kostenersparnisse zählen genauso dazu wie mehr Transparenz und Nachhaltigkeit sowie Risikominimierung.
Quelle:
https://iot.telekom.com/de/blog/smarte-lieferketten-transparent-und-nachhaltig-dank-iot