Ein einzelner Prozessor, der in Sekunden schafft, wofür Supercomputer viele tausend Jahre brauchen würden? Eine Rechenlogik, die komplexe Strömungsverläufe oder Wetterphänomene in bisher unbekannter Präzision vorhersagt? Schon bald könnten auf sogenannten Qubits basierende Quantencomputer die Computertechnik revolutionieren – und damit auch unser Wissen über die Welt.
In den letzten 70 Jahren hat die Computertechnik große Fortschritte gemacht. Gemäß dem Mooreschen Gesetz, benannt nach Intel-Mitbegründer Gordon Moore, verdoppelt sich die Leistung von Prozessoren und Speichersystemen etwa alle 18 Monate: Jedes Smartphone verfügt heute über die millionenfache Rechenleistung des Bordcomputers der Mondlandefähre von 1969.
Die Quantentechnik könnte das Mooresche Gesetz noch einmal um mehrere Zehnerpotenzen übertreffen – und ganz neue Hard- und Software hervorbringen, die sogar mit Überlichtgeschwindigkeit arbeitet. Wie ist das möglich?
Quantencomputer: Was steckt dahinter?
Herkömmliche Computer auf Siliziumbasis verarbeiten Daten mittels elektronischer Schaltungen. Zahlenwerte speichern sie in Form von Bits. Diese kleinsten Informationseinheiten der Digitaltechnik können die Werte „1“ (Strom fließt) oder „0“ (Strom fließt nicht) annehmen. Zwei verbundene Bits können die vier Werte „00“, „01“, „10“ und „11“ annehmen. Längere Bitreihen speichern entsprechend größere Zahlen.
Im Unterschied hierzu nutzen Quantenprozessoren keine elektronischen Schaltungen, sondern Zustände aus der Quantenmechanik als Datenspeicher. Das sind beispielsweise Energieniveaus in Atomen oder Molekülen, die Drehrichtung eines Elektrons („Spin“) oder die Flussrichtung des elektrischen Stroms innerhalb eines kreisförmigen Supraleiters.
Solche Datenspeicher werden auch als Quantenbits oder Qubits bezeichnet. Wie beim digitalen Bit sind auch hier grundsätzlich zwei Zustände möglich. Ein Stromfluss im Uhrzeigersinn oder der Up-Spin eines Elektrons kann dann als Wert „1“ definiert werden. Ein Stromfluss in Gegenrichtung oder der Down-Spin eines Elektrons wird entsprechend als Wert “0” definiert. Damit entspräche das Qubit noch dem digitalen Bit herkömmlicher Computer.
Weil aber in der Quantenmechanik besondere Gesetzmäßigkeiten gelten, können Qubits viel mehr als klassische Bits. Zwei quantenmechanische Effekte machen sie zu perfekten Rechenwerkzeugen:
- Superposition: Quantenmechanische Zustände können sich überlagern. Ein Qubit kann somit gleichzeitig die Werte „1“ und „0“ annehmen und außerdem auch alle Zustände dazwischen. Erst zum Zeitpunkt des Auslesens wird sein Wert eindeutig.
- Verschränkung: Mehrere Qubits können miteinander verbunden („verschränkt“) sein und sich gegenseitig beeinflussen – und das sogar schneller, als sich das Licht bewegt.
Diese Besonderheiten der Quantenmechanik, die in der herkömmlichen elektronischen Datenverarbeitung nicht auftreten, machen Quantencomputer zu extrem schnellen Rechenmaschinen für entsprechend optimierte Anwendungen.
Ein Quantencomputer ist nicht zu verwechseln mit einem Supercomputer. Unter dem Begriff Supercomputer versteht man besonders leistungsfähige Computer, die zum Beispiel für Wettervorhersagen und Simulationen genutzt werden. Supercomputer arbeiten in der Regel rein elektronisch. Allerdings könnte es zukünftig auch Quanten-Supercomputer geben oder Hybrid-Computer, die beide Technologien verbinden.
Quantenrechner: So rechnen Quantencomputer
Die Quantenmechanik verleiht Quantencomputern ganz besondere Fähigkeiten: Im Unterschied zu herkömmlichen elektronischen Recheneinheiten arbeiten sie ihre Aufgaben nicht mehr linear ab. Sie können dank Superposition und Verschränkung unzählige Lösungswege für ein Problem zur selben Zeit vergleichen und sofort den besten Weg unter Billionen von Möglichkeiten herausfinden.
Bei einfachen Aufgaben ist dieser Zeitvorteil gegenüber bisherigen Computern noch vernachlässigbar. Doch wie bei einem Schachspiel vervielfacht sich die Anzahl der Möglichkeiten mit jedem zusätzlichen Zug und jeder weiteren Variable, die zu betrachten ist. Auf herkömmlichen Computern steigt hierdurch die benötigte Rechenzeit exponentiell an. Bei Quantencomputern hingegen wird für jede weitere Variable lediglich ein zusätzliches Qubit benötigt, das zeitgleich mit allen anderen Qubits ausgelesen wird.
Eine typische Quantenanwendung ist es beispielsweise, alle Parameter eines technischen Prozesses als Qubits darzustellen. Die quantenmechanische Recheneinheit findet dann einen optimalen Ablauf für diesen Prozess und ermittelt für jeden Parameter den Wert, der am Ende zum besten Ergebnis führt. So lassen sich Ressourcen sparen und technische Prozesse nachhaltiger gestalten. Chemiker:innen und Materialforscher:innen wollen mittels Quantentechnologie ganz neue Werkstoffe mit bisher unbekannten Materialeigenschaften entdecken.
Auch Mathematik und Informatik könnten von der Quantenrechnung profitieren: Sicher ist beispielsweise, dass der Grover-Algorithmus zum Sortieren von Datenbanken gegenüber klassischen Computern nur einen Bruchteil der Zeit benötigt, um riesige Datenbestände in eine gewünschte Ordnung zu bringen.
Alle diese Anwendungen müssen speziell für Quantencomputer und ihre besonderen Fähigkeiten der Superposition und Verschränkung programmiert werden. Klassische Algorithmen und Programmiersprachen könnten zwar grundsätzlich auf Quantenprozessoren ausgeführt oder für diese angepasst werden. Doch dafür wären Zwischenschritte nötig; und damit gingen die großen Geschwindigkeitsvorteile der Quantenmechanik verloren. Quantencomputer benötigen deshalb eigene Sprachen und Programmier-Paradigmen, um schnell zu sein. Mit Qiskit gibt es bereits ein erstes, offenes Entwicklerkit für Quantenprozessoren von IBM.
Heutige Quantencomputer sind meist noch Prototypen. Sie verfügen in ihren Rechenwerken nur über wenige Qubits. Das limitiert die Anzahl der Variablen, die sie verarbeiten können. Gleichungen mit 20 oder 30 Variablen sind auch mit klassischen Computern noch in akzeptabler Zeit zu kalkulieren. Doch wenn die ersten Quantencomputer 100 oder mehr frei programmierbare Qubits zusammenschalten können, sind sie bei bestimmten Rechenaufgaben uneinholbar schnell.
Quantencomputer sollen einmal mathematische Berechnungen in wenigen Sekunden ausführen, für die ein aktueller Supercomputer viele tausend Jahre benötigen würde. Diese Eigenschaft wird als Quantenüberlegenheit bezeichnet.
Google nimmt für seinen Quanten-Prozessor Sycamore in Anspruch, diese Überlegenheit bereits bei bestimmten mathematischen Aufgaben erreicht zu haben. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist unter Expert:innen umstritten.
Quanten-PC: Gehören Rechenfehler bald der Vergangenheit an?
Quantencomputer sind technisch sehr komplex. Ihr Inneres muss nach dem Einschalten auf minus 271 Grad Celsius heruntergekühlt werden, was in der Regel mehrere Tage dauert. Die Technik zum Auslesen der Rechengitter aus Qubits ist störanfällig. Mehrere sogenannte Quantengatter sind notwendig, um den Zustand eines Qubits auszulesen. Diese Gatter werden aufwendig über Mikrowellenimpulse angesteuert.
Meist stehen Quantencomputer daher in eigenen Gebäuden mit besonderer Klimatechnik. Die Fundamente dieser Rechenzentren werden von der Umgebung abgekoppelt, um störende Erschütterungen zu vermeiden.
Trotz dieses hohen Aufwandes bleiben Qubits auch unter Idealbedingungen nur für Bruchteile von Millisekunden stabil, weil beispielsweise die im Atomkern als Qubit-Träger ausgelesenen Elektronen sehr schnell mit Teilchen aus ihrem Umfeld reagieren. Zwei Effekte behindern Quantencomputer bei ihrer Arbeit:
- Relaxation: Subatomare Teilchen sind bestrebt, ein thermisches Gleichgewicht mit ihrer Umwelt herzustellen. Nach einer gewissen Zeit kann ein Qubit dadurch unkontrolliert seinen Zustand wechseln, also von „0“ zu „1“ oder umgekehrt.
- Dekohärenz: Qubits neigen dazu, ihre Superpositionseigenschaft zu verlieren. Sie verhalten sich dann wie gewöhnliche Bits aus einem klassischen Computer.
Um Ablesefehler zu minimieren und die Zuverlässigkeit zu erhöhen, werden gegenwärtig noch bis zu sieben weitere Qubits mit derselben Berechnung beauftragt und ausgelesen. Erst durch diese Kontrollrechnungen gilt ein Ergebnis als sicher. Quantencomputer sind heute also noch sehr fehleranfällig. Der Wartungs- und Betriebsaufwand, um zuverlässige Rechenergebnisse zu erhalten, ist darüber hinaus enorm.
Ein Blick in die Geschichte der elektronischen Computer zeigt allerdings: Auch Relais, Röhren und Magnetkernspeicher in frühen Computern waren extrem fehleranfällig und hatten nur sehr kurze Laufzeiten zwischen zwei Reparaturintervallen (MTBF = Mean Time Between Failures). Erst mit dem Aufkommen der Transistortechnik sowie der Festplatten und optischen Speichermedien verbesserte sich die Zuverlässigkeit. Es spricht viel dafür, dass auch Quantencomputer in wenigen Jahren deutlich einfacher zu bauen und zu betreiben sind als heute.
Aufgabengebiete in der Praxis
Obwohl die Quantentechnik noch an ihren Anfängen steht, gibt es bereits eine Vielzahl sehr konkreter Aufgabengebiete für ihre Nutzung:
Bionik: Noch immer sind viele komplexe Prozesse aus der Natur im Labor nicht reproduzierbar, weil viele Zwischenschritte unbekannt sind. Quantencomputer könnten beispielsweise helfen, einen schonenden und energiesparenden Weg zu finden, um Ammoniak für die Düngemittelherstellung zu synthetisieren. In der Natur gibt es einen solchen Weg bereits, etwa in Pilzen und Pflanzen. Doch sein genauer Verlauf ist unbekannt.
Epidemiologie: Forschende diskutieren, wie sich die Ausbreitung ansteckender Krankheiten oder deren Übertragung vom Tier zum Menschen bestmöglich verhindern lassen. Vergleichende Modelle könnten zeigen, mit welchen Maßnahmen sich die Ausbreitung von Erregern bestmöglich eindämmen oder zumindest verlangsamen ließe.
Künstliche Intelligenz: Die meisten Lernprozesse und Auswertungsverfahren der künstlichen Intelligenz sind sehr rechenintensiv. Viele davon ließen sich durch den Einsatz von Quantencomputern massiv beschleunigen. Denkbar wäre hierbei auch eine Mischung von klassischen Computern mit Quantenprozessoren. Autonome Fahrzeuge könnten zeitaufwendige Berechnungen beispielsweise per Mobilfunk an Quantencomputer weiterleiten, die sehr günstig an Netzknoten aufgestellt sind. Die per Qubits ermittelten Rechenergebnisse würden dann in Echtzeit wieder bei den Fahrzeugen landen. Schon heute zeigt das Multi-Access Edge Computing (MEC), wie eine solche Aufgabenteilung aussehen könnte. Hierbei übernehmen kleine Echtzeit-Rechenzentren in aktueller Computerarchitektur direkt am Mobilfunkmast die Datenverarbeitung für alle Verkehrsteilnehmer: vom autonomen Fahrzeug bis zur Transportdrohne.
Kybernetik: Die Lehre von den Systemen sucht stetig nach neuen Rechenmodellen, um auch komplexe Zusammenhänge abzubilden und zu betrachten. Soziolog:innen und Mediziner:innen erhoffen sich durch Quantencomputer neue Erkenntnisse zu folgenden Fragen: Welche politischen Entscheidungen bei Bildung, Erziehung und Gesundheit müsste eine Gesellschaft treffen, um die Lebensqualität und Lebenserwartung für alle zu erhöhen? Was müsste eine Gesellschaft verändern, um ein Maximum an Nachhaltigkeit in möglichst vielen Lebensbereichen zu erreichen?
Medizin und Pharmazie: Moderne Medikamente haben lange Entwicklungszeiten. Am Computer und in aufwendigen Laborversuchen werden Millionen von Molekülen auf ihre Wirksamkeit in Bezug auf zu behandelnde Krankheiten untersucht. Simulationen per Quantencomputer könnten der Forschung Hinweise liefern, wie ein gesuchter Wirkstoff für eine bestimmte Therapie auszusehen hätte.
Meteorologie: Aktuell setzen Wissenschaftler:innen auf immer größere Supercomputer, um Wettermodelle zu erstellen und deren Genauigkeit zu erhöhen. Zukünftig könnten Quantencomputer in Echtzeit Vorhersagen liefern und dabei langjährige Entwicklungen in gemeinsame Rechenmodelle integrieren. Dazu gehören beispielsweise die Temperaturschwankungen der Ozeane mit kurzzeitigen Entwicklungen wie der Bildung von Hochs oder Tiefs.
Mobilfunk: Durch den Einsatz von Quantencomputern ließen sich Mobilfunknetze und die dahinter liegende Infrastruktur optimieren. Die Technik könnte ermitteln, wie und wo Standorte zu errichten wären und welche Netzanbindung und Rechenleistung dort beispielsweise für IoT-Anwendungen bereitzustellen wäre.
Quantencomputer und klassische Computer im Vergleich
Auch wenn es überraschend klingen mag: Grundsätzlich sind klassische Prozessoren und Quantenprozessoren austauschbar. Denn klassische Digitalcomputer können über sogenannte Matrix-Vektor-Multiplikationen alle Berechnungen ausführen, die auch mit einem Quantencomputer möglich sind.
Umgekehrt können Quantencomputer alle Schaltkreise eines klassischen Prozessors als NAND-Logik (Nicht-Und-Gatter) nachbilden. Somit könnte also auch ein Quantensystem einen klassischen Prozessor vollständig simulieren und damit alle seine Programme ausführen. Entsprechende Simulationen wären allerdings extrem aufwendig und die Anzahl dafür benötigter Qubits riesig. Für die Praxis hat diese gegenseitige Simulierbarkeit somit keine Relevanz.
Erst beim Rechentempo und beim Einsatz entsprechend optimierter Software zeigen sich die großen Stärken der Quantenmechanik. Je vieldimensionaler ein Problem ist, desto größer ist der Zeitvorteil gegenüber der herkömmlichen Technik.
Noch aber bietet der klassische Computer viele Vorteile gegenüber der Quanten-Konkurrenz:
- Verwendung einfacher, etablierter Technik
- Höherer Miniaturisierungsgrad
- günstigerer Preis
- keine Kühlung nahe dem absoluten Nullpunkt notwendig
- höhere Robustheit gegen Außeneinflüsse
- Software für viele Anwendungen bereits verfügbar
In den kommenden Jahren dürften Quantenprozessoren in vielen dieser Bereiche aufholen und zuverlässiger und robuster werden. Das sogenannte Rauschen, eine bedeutende Fehlerquelle bei Quanten-Berechnungen, wurde beispielsweise in der Grundlagenforschung schon erheblich gesenkt. Aktuell arbeiten Forscher:innen an Quantencomputern auf Silizium-Basis. Damit wären sehr kleine und stabile Qubits herstellbar.
Andere Forschende setzen auf Qubits aus Elektronen von Stickstoffatomen, die in Diamantgittern gefangen sind. Solche Qubit-Fallen aus Edelstein wären äußerst stabil und damit möglicherweise auch bei Raumtemperatur zu betreiben – und darüber hinaus mobil.
Wann sind erste Quantencomputer alltagstauglich?
Nachdem Quantencomputer viele Jahre lang nur ein theoretisches Konstrukt waren, schreitet die Entwicklung seit den 1990er-Jahren rasant voran. Zur Jahrtausendwende liefen die ersten Systeme mit wenigen, parallelen Qubits. 2019 hat Google mit seinem Sycamore einen Quantenprozessor mit 53 Qubits vorgestellt. Ein Jahr später setzte IBM mit dem Hummingbird das Limit auf 127 Qubits herauf – und kündigte für 2023 einen Quantencomputer mit 1000 Qubits an.
In Jülich hat der kanadische Hersteller D-Wave 2022 mit dem Modell Advantage eine Sonderform eines Quantencomputers gebaut. Dieser sogenannte Quantenannealer hat 5000 Qubits in seinem Inneren. Allerdings ist er nicht so frei programmierbar wie andere Quantenprozessoren und daher nur begrenzt mit diesen vergleichbar.
Aktuell werden viele unterschiedliche Quantentechnologien parallel erforscht und es ist unklar, welche davon sich durchsetzen wird. Möglicherweise wird es weiterhin sehr unterschiedliche Systeme geben, die jeweils für einzelne Anwendungen optimiert sind.
Fast alle Forschenden kämpfen derzeit noch mit der schlechten Skalierbarkeit von Qubit-Gittern. Sie suchen nach Wegen, um mehr Qubits zu verschränken und dabei gleichzeitig die Fehlerraten der Maschinen zu senken. Schon jetzt sind viele dieser Systeme praktisch einsetzbar, doch erst mit wachsender Qubit-Zahl pro Rechner kann die Technik ihre theoretischen Vorteile gegenüber digitalen Rechnern auch praktisch ausspielen.
Einsatz der Technologie in Unternehmen
Derzeit sind Quantencomputer noch ähnlich teuer wie Supercomputer. Dienstleister wie Google möchten das Quantencomputing daher als Cloud-Dienstleistung etablieren. Auch die Fraunhofer-Gesellschaft bietet derzeit die Mitbenutzung ihres 2021 in Stuttgart errichteten Quantencomputers IBM Quantum System One mit 27 Qubits an. Rigetti Computing aus Kalifornien hat schon 2017 seine Quanten-Computer über die Forest Cloud Computing Plattform für Anwender:innen aus dem Netz geöffnet.
Bald könnte es damit für viele Unternehmen bereits interessant werden, das Rechnen mit Quantenprozessoren als Software-as-a-Service oder Function-as-a-Service über das Netz einzukaufen. Ein Logistikunternehmen könnte dann beispielsweise mittels Quantentechnologie alle möglichen Standorte für seine Warenlager durchrechnen lassen und mit einem Ideal-Netz Transportwege und Fahrtzeiten minimieren. Finanzdienstleister oder Energieversorger könnten Bewegungen an Wertpapier- und Strom-Börsen in Echtzeit analysieren und hieraus strategische Maßnahmen ableiten. Die Industrie 4.0 eröffnet schon jetzt viele neue Einsatzgebiete für die Quantentechnologie, etwa bei der künstlichen Intelligenz im IoT oder der Verarbeitung von Big Data.
Auch Hybridanwendungen für Quantensysteme und klassische Computer sind denkbar, sobald es entsprechende Programmiersprachen und Distributionsmodelle für Rechenzeit gibt. Denn auch wenn das Arbeiten mittels Quanten offensichtliche Vorteile bietet, so wird es das Rechnen mit Bits und Bytes voraussichtlich nicht ersetzen, sondern eher ergänzen und erweitern.
Quantum Computing: Risiken für aktuelle Verschlüsselungsverfahren
Viele gängige Verschlüsselungsverfahren bauen darauf, dass das Zerlegen großer Zahlen in ihre Primfaktoren auch für schnelle Computer immer noch sehr zeit- und rechenaufwendig ist. Für die Quantentechnologie gelten diese Einschränkungen jedoch nicht. Bereits 1994 hat der Mathematiker Peter Shor den nach ihm benannten Shor-Algorithmus entwickelt, mit dem Quantencomputer auch große Zahlen extrem schnell zerlegen könnten. Mangels der hierfür benötigten Hardware ist dieser Codebrecher-Algorithmus bisher noch nicht zum Einsatz gekommen.
Doch zukünftige Quantencomputer könnten die Verschlüsselungstechnologie damit auf ein neues Niveau heben und Codes knacken, die herkömmliche Computer auch in Jahren oder Jahrzehnten nicht entschlüsseln können.
Im Umkehrschluss würde dies auch bedeuten, dass fast alle Codes, die mit elektronischen Computern erzeugt werden, gegen die Rechengewalt der Quantencomputer keine Chance mehr hätten.
Um Informationen weiterhin vor unerlaubtem Mitlesen zu sichern, wären dann andere Verfahren notwendig. Dazu gehören etwa die Verwendung geschützter Übertragungswege und biometrisch gesicherter Endgeräte sowie das Ablegen sensibler Daten in sicheren Cloud-Speichern.
Was kann der Quantencomputer der Zukunft
Fortschritte in Materialwissenschaft und Kybernetik, das sehr schnelle Sortieren großer Datenmengen oder das Lösen mathematischer Probleme: Die Erwartungen, die Unternehmen und Wissenschaft an die Quantentechnik haben, sind groß.
Grafikkarten mit Quantenchips an Bord könnten neue künstliche Welten schaffen, indem sie perfekte Simulationen der Außenwelt kreieren. Besonders realistische Simulatoren für Luft- und Raumfahrt wären damit ebenso möglich, wie neue Virtual-Reality-Anwendungen für Einsatzzwecke wie Ausbildung und Prototyping in Unternehmen.
Besonders die künstliche Intelligenz (KI) könnte von Quantenprozessoren profitieren. Bisher müssen viele rechenintensive KI-Anwendungen noch innerhalb des Netzes in die Cloud verlagert oder als Edge AI ausgeführt werden. Mobile Quantencomputer könnten zukünftig direkt in autonomen Fahrzeugen verbaut werden – ganz ohne Kühlung und robust gegen Störungen von außen.
Damit wären die Autos von morgen in der Lage, besser und schneller mit ihrer Umgebung zu interagieren. So könnten sie beispielsweise mögliche Unfälle per Simulation vorhersehen und vermeiden. Und das sind nur einige von vielen möglichen Einsatzzwecken für die superschnellen Qubit-Rechner der Zukunft.
Quantencomputer im Überblick
- Quantencomputer nutzen für ihre Berechnungen Gesetzmäßigkeiten der Quantenmechanik.
- Simulationen und Modellrechnungen können von Quantensystemen sehr schnell umgesetzt werden.
- Die technische Entwicklung von Quantenprozessoren schreitet schnell voran. Die Zahl der parallelen Qubits wächst.
- Viele Branchen könnten von der Leistungsfähigkeit zukünftiger Quantencomputer profitieren.
- Firmen wie Google wollen Quantenberechnungen als Service für ihre Cloud-Kunden etablieren.
- Viele bisherige Verschlüsselungsverfahren werden durch die Quantentechnologie knackbar und müssen angepasst werden.
Quelle:
https://www.vodafone.de/business/featured/technologie/quantencomputer-so-funktioniert-er-das-kann-er/