Die digitale Transformation verändert die Produktion und Fertigung nachhaltig. Der Fortschritt fußt auf der Vernetzung von Maschinen und Anlagen, damit diese nicht nur digitale Daten erfassen und verarbeiten, sondern auch miteinander teilen. Das Konzept ist als Industrial Internet of Things bekannt, kurz IIoT.
Während das Internet of Things (IoT) die Vernetzung von technischen Alltagsgeräten und die Verarbeitung ihrer Daten zum Ziel hat, ermöglicht das Industrial IoT die Vernetzung von Maschinen und Produktionsanlagen der industriellen Fertigung. Die dabei gewonnenen Daten sollen automatisch analysiert und Produktionsprozesse optimiert werden – im besten Fall, ohne dass Mitarbeitende aktiv in die Prozesse eingreifen müssen.
Somit trägt IIoT – neben Machine Learning und Robotic Process Automation – einen großen Anteil an der Digitalisierung von Produktionsumgebungen im Sinne der Industrie 4.0. Durch die datenbasierte Zusammenarbeit von Maschinen und Anlagen wird nicht nur die Effizienz von Produktionsschritten verbessert und die Produktivität der Abläufe gesteigert: Die generierten Daten …
…liefern genaue Einblicke in fehlerhafte Abläufe.
…offenbaren Wartungslücken.
…verhindern Produktionsausfälle.
Damit wird IIot auch für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor.
Wachsende Komplexität beherrschbar machen
Datenmengen wachsen heutzutage kontinuierlich und ihre Auswertung kostet immer mehr Zeit und Geld. Ein Dilemma für viele Unternehmen: Denn um Abläufe effizienter zu gestalten, Produktionswege zu vereinfachen oder Ressourcen einzusparen, benötigen sie zuverlässige Echtzeitdaten.
Die wachsende Komplexität industrieller Anwendungsszenarien kann mit IIoT beherrschbar gemacht werden – eine profitable Investition für Industrieunternehmen. Für KMU umso mehr, da diese ohne IIoT aus Sicht des World Economic Forums (WEF) „in der großen Industrierevolution 4.0 immer mehr Boden verlieren gegenüber den großen Konzernen“.
Voraussetzungen für das Industrial Internet of Things
Um eine hochgradig vernetzte Produktion im Rahmen des IIoT zu ermöglichen, bedarf es nicht nur der passenden technischen Voraussetzungen, sondern ebenso einer Referenzarchitektur. Denn ohne einheitliche Ausrichtung würde IIoT bereits an der Vielzahl unterschiedlicher Standards in unterschiedlichen Branchen scheitern.
Aus diesem Grund entwickelte das Bundeswirtschaftsministerium 2013 das IIoT-„Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0“ (RAMI 4.0). Dieses dreidimensionale Modell hilft dabei, einen Produktionsgegenstand über seinen kompletten Lebenszyklus hinweg zu erfassen. Das Entscheidende: Er kann dabei IT-seitig einheitlich und durchgängig abgebildet werden – von seinen verschiedenen Komponenten über die ihn produzierenden Maschinen bis hin zur Datengewinnung durch die miteinander vernetzten Produktionsanlagen.
Das RAMI 4.0 bildet das Fundament für spezialisierte Cloud-Plattformen, die für die Verwaltung von IIoT-Geräten und die Erfassung und Analyse der von ihnen gewonnenen Daten entwickelt wurden.
Arten von IIoT-Plattformen
Um durch IIoT die gewünschten Daten zu generieren und zu analysieren, gibt es verschiedene Plattformen, deren Anbieter unterschiedliche Softwarekomponenten bereitstellen. Je nach Branche und Größe eines Unternehmens können so speziell auf die Unternehmensziele abgestimmte IIoT-Tools implementiert werden.
Die Vorteile für die Industrie
Um besser einschätzen zu können, ob der Einsatz einer IIoT-Lösung für Sie von Vorteil ist, stellen wir Ihnen zehn Vorteile in Bezug auf die gängigsten Anwendungsfälle in der Produktion vor.
Asset Tracking und Condition Monitoring: Sie können Werkzeuge, Materialien und Maschinen schneller „scannen“, um zu wissen, in welchem Zustand diese sind. Sie vermeiden so kritische Zustände oder Ausfälle und können Maschinen intelligent instand halten.
Tracing und Materialflussoptimierung: Sie sehen, mit welchen Werkzeugen und mit welchen Einstellungen ein Werkstück auf einer bestimmten Maschine bearbeitet wird. Sie können analysieren, welche Materialien in welcher Menge in Ihrer Produktion gebunden sind und wie Sie den Materialfluss effizienter gestalten können.
OEE-Optimierung und Qualitätssicherung: Automatische Ursachenermittlung für eine niedrige OEE (Overall Equipment Effectiveness) und Verbesserung der Verfügbarkeit Ihrer Anlagen. Qualitätsmängel werden automatisch erkannt und die Ursachen datenbasiert identifiziert, sodass Sie diese schnell beheben können.
Fertigungsprozessanalyse: Bewertet, welchen Einfluss Prozessparameter wie Temperatur, Luftfeuchte oder Maschinenverschleiß auf Produktqualität und Prozesseffizienz haben.
Datenerfassung und Werkassistenzsysteme: Extrahiert Daten unterschiedlicher Formate aus unterschiedlichen Schnittstellen, um diese in ein Zielformat zu überführen und so für eine kontinuierliche und einheitliche Datenerfassung und -abfrage im Produktionsprozess zu sorgen. Dies unterstützt Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Werkhalle z. B. mit zielgerichteten Informationen beim Montieren oder Kommissionieren.
Die Gartner Extrusion GmbH mit Sitz in Gundelfingen an der Donau produziert Aluminium-Strangpressprofile für die Automobil- und Bauindustrie. Bei kurzfristigen Auftragsänderungen mussten die Mitarbeitenden im Verkauf bisher die Auftragsbestände im ERP-System (Enterprise Resource Planning) mit den zurückgemeldeten Produktionsdaten manuell abgleichen und anpassen. Dies nahm viel Zeit und personelle Kapazitäten in Anspruch.
Um diese Prozesse intelligent in die Wertschöpfungskette einzubinden, identifizierte Gartner Extrusion – gemeinsam mit dem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Augsburg – verschiedene Potenziale zur Effizienzsteigerung durch eine IIoT-Plattform.
So wurde das bestehende ERP-System um IIoT-Prozessmodule, -Logiken und -Algorithmen für eine intelligente Auftragsabwicklung erweitert. Bei Auftragsänderungen kann das Unternehmen nun automatisch prüfen, ob die gewünschten Änderungen machbar sind und kann diese direkt in die Produktion einfließen lassen. Dadurch ist es Gartner gelungen, Bestände, Durchlaufzeiten und nicht wertschöpfende Prozesse sukzessive zu verringern.
KI im Kraftwerk
Das Geothermiekraftwerk im bayerischen Traunreut, das die Region nordöstlich des Chiemsees nachhaltig mit Fernwärme und Strom versorgt, setzt erfolgreich auf IIoT-Lösungen und ergänzt die Erfahrungswerte seiner Kraftwerksingenieurinnen und -ingenieure durch Datenanalysen, die auf maschinellem Lernen basieren.
Alle Pumpen und Wärmetauscher waren bereits mit sensiblen Sensoren ausgestattet, sodass die komplexe Anlage eine Vielzahl von Temperatur- und Durchflusswerten und anderen Messgrößen liefern konnte. Doch die Menge der aufgezeichneten Werte überstieg die Datenmenge, aus der das Personal noch Zusammenhänge erkennen konnte.
Der Einsatz einer KI-basierten Datenerfassung löste das Problem und ergänzte das menschliche Wissen mit digitalen Methoden, um den Betrieb für verschiedene Szenarien, wie vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) oder unterschiedliche Temperaturkonstellationen, zu optimieren.
IIoT im Überblick
IIoT beschreibt das Internet of Things für die Industrie 4.0. Es geht hierbei um die Gewinnung von Daten in der Produktion und die Vernetzung von Maschinen, Prozessen und Produkten.
IIoT basiert auf dem 2013 eingeführten RAMI 4.0 (Referenzarchitekturmodell Industrie 4.0). Dieses bietet klare Richtlinien für die Organisation von Komponenten, Daten und Prozessen im Industrial Internet of Things.
Die Mehrwerte des IIoT reichen von der automatisierten Qualitätskontrolle über die Optimierung des Materialflusses bis hin zur intelligenten Wartung von Maschinen.
Quelle:
https://www.o2business.de/magazin/industrial-internet-of-things/