Autonome Feldroboter, selbstfahrende Traktoren und Kameradrohnen: Dank 5G machen sie die Landwirtschaft zum Einsatzgebiet von Smart-Farming-Technologien.
Das Pflügen großer Ackerflächen ist ein monotoner Job: Stundenlang sitzt der Bauer im Führerhaus seines Traktors, hinter sich den Pflug, der die Krume aufreißt. Er fährt eine Bahn nach der anderen, hin und her, möglichst präzise, von morgens bis abends – sofern er seine Spurmarkierungen in der Dämmerung noch erkennen kann. Digitale Technologien könnten dem Landwirt diese Arbeit künftig abnehmen.
SELBSTFAHRENDER TRAKTOR AUS LAS VEGAS
Auf der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas zeigte John Deere, ein Schwergewicht in der Landtechnik-Branche, seine erste serienreife Version eines autonom fahrenden Traktors. Der US-Hersteller hat sein Modell 8R mit einem fernsteuerbaren Lenksystem und sechs Stereo-Kameras ausgerüstet. Diese erfassen das Gelände rund um den Traktor und erkennen größere Hindernisse auf dem Feld. Seine Spur hält das Fahrzeug dank GPS und Mobilfunkortung auf zwei bis drei Zentimeter genau.
Der Bauer ist auf Wunsch live dabei: Den Videostream von den Kameras kann er auf einer Smartphone-App abrufen. Über die App lässt sich der Traktor zudem starten und stoppen. Auch die Geschwindigkeit und die Pflugtiefe kann der Bauer aus der Ferne justieren. Der 8R löst gleich mehrere Probleme: Er pflügt präziser als der Mensch, schaufelt dem Bauern Zeit für andere Aufgaben frei und ist zudem eine mögliche Antwort auf den Fachkräftemangel in der Landwirtschaft.
DROHNEN: SMARTE HELFER IN DER LUFT
Fahrerlose Landmaschinen sind nur eine Innovation bei der Digitalisierung der Landwirtschaft, auch Smart Farming genannt (siehe Definition). Mit Sensorik und dem Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) etwa lässt sich auch in der Landwirtschaft mittlerweile fast alles technisch erfassen. Eine Drohne mit Sensoren macht die Erfassung maximal mobil: Das Fluggerät kann – autonom oder aus der Ferne gesteuert – manuelle landwirtschaftliche Arbeit ersetzen und zusätzlich neue Erkenntnisse für die Zukunft bringen.
Definition|Was ist Smart Farming?
Als Smart Farming bezeichnen Experten die Digitalisierung der Landwirtschaft. In der Literatur ist oft auch von Landwirtschaft 4.0 oder Bauernhof 4.0, Smart Agriculture oder E-Farming, Digital Farming und Precision Farming die Rede. Die Begriffe umschreiben den Einsatz digitaler Technologien und Geräte wie etwa Feldroboter, um die Arbeit von Landwirten effizienter, ertragreicher und/oder nachhaltiger zu machen.
Die Ostschweizer Fachhochschule (OST) beispielsweise setzt in einem Pilotprojekt Drohnen ein, um auf einem Feld Ampferpflanzen zu fotografieren, ein unerwünschtes Gewächs, das Nutzpflanzen verdrängt. Ein Funkmodul in der Drohne schickt die digitalen Bilddaten via 5G-Mobilfunk in die Cloud zur Echtzeit-Analyse. Hier kommt Künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel: Eine Software mit selbstlernenden Algorithmen identifiziert die Schadpflanze und schickt diese Information zurück aufs Feld zu einem Landwirtschaftsroboter, der via GPS geleitet zum ungeliebten Ampfer navigiert und diesen mit einem Pflanzenschutzmittel gezielt bekämpft. Laut OST lässt sich der Einsatz von Herbiziden mit dieser Methode um bis zu 90 Prozent reduzieren. Für die Zukunft denken die Experten zudem daran, das Pflanzengift durch heißes Wasser zu ersetzen.
„Die Entwicklungen in der Bilderkennung und im autonomen Fahren, an denen wir arbeiten, sind nur mit einer ausgebauten 5G-Infrastruktur machbar.“
– Dejan Seatovic, Professor im Studiengang Maschinentechnik und Innovation an der OST
Dass KI in der Landwirtschaft künftig eine wichtige Rolle spielen wird, zeigt das Projekt Agri-Gaia, eine dezentrale Infrastruktur für den Austausch von Daten und Algorithmen in der Landwirtschaft. Ein Konsortium aus Industrie und Forschung arbeitet hier an der Realisierung eines offenen KI-Standards für die Agrar- und Ernährungswirtschaft. Agri-Gaia will Anwender und Entwickler von KI-Algorithmen auf einer herstellerübergreifenden Plattform für den Austausch von Daten und Algorithmen zusammenbringen. Das Projekt nutzt dafür die europäische, souveräne Dateninfrastruktur GAIA-X.
Die Unternehmensberatung PwC hat in einer Umfrage unter landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland den zielgenauen Einsatz von Dünger als Anwendung mit dem größten Einsparpotenzial identifiziert. Speziell die teilflächenspezifische Düngung, bei der Wachstums- und Bodenunterschiede innerhalb eines Feldes berücksichtigt werden, lässt sich mit digitalen Technologien effizienter gestalten. Mit Multispektral-Kameras bestückte Drohnen oder Roboterfahrzeuge, die das Licht auch im Nahinfrarotbereich erfassen, können zum Beispiel das Wachstum und den Stickstoffbedarf von Nutzpflanzen ermitteln oder die Bodenfeuchtigkeit und -temperatur messen. Dank der Messergebnisse können Landwirte gezielt düngen und bewässern – und sparen so wertvolle Ressourcen.
AUGMENTED REALITY FÜR SCHNELLE HILFE
Für die schnelle und zuverlässige Übertragung – auch umfangreicher Bild- und Videodaten – sorgt der 5G-Mobilfunk, der mittlerweile auch im ländlichen Raum fast flächendeckend verfügbar ist (siehe Infobox). 5G kann Landwirten zukünftig auch bei Problemen mit ihrem Fuhrpark helfen. Das Projekt INVIA des Fraunhofer Instituts für Kognitive Systeme (IKS) forscht an einem mobilen, cloudgestützten Assistenzsystem für die Diagnose und den Service komplexer Landmaschinen. Hat der Traktor oder die Erntemaschine einen Defekt, setzt sich der Fahrer mit dem Kundenservice des Herstellers in Verbindung. Der hilft per Audio, Bild und Video bei der Fehlersuche. Ist ein Servicetechniker gefragt, rückt dieser anschließend gleich mit dem richtigen Werkzeug und Ersatzteil an. Über eine Augmented-Reality-Brille (AR) kann sich der Techniker vor Ort sogar live von einem Experten am Servicedesk durch die Reparatur leiten lassen. Alle Schritte gelingen dank stabiler und schneller 5G-Datenverbindung reibungslos.
Die Deutsche Telekom baut kontinuierlich ihr Mobilfunknetz aus, um 5G überall zum neuen Standard zu machen. Bereits heute können über 90 Prozent der Haushalte in Deutschland auf das 5G-Netz der Telekom zugreifen (Stand März 2022). Hier geht’s zur Übersichtskarte: https://www.telekom.de/netz/mobilfunk-netzausbau
Beim Pflügen, Säen, Ernten und Unkraut beseitigen auf dem Acker ist Präzision gefragt – und auch hier kommt 5G ins Spiel. Vor allem autonome Erntemaschinen, Saatdrohnen, Traktoren und Farmroboter, die dem Menschen in der Landwirtschaft harte Arbeit abnehmen sollen, benötigen eine möglichst genaue Webbeschreibung durchs Feld. Das deutsche Start-up AI.Land beispielsweise hat mit der Fachhochschule Aachen einen autonomen Roboter entwickelt, der monotone und körperlich anstrengende Feldarbeiten automatisieren soll. Dass das Gefährt die Spur hält, ist ein Verdienst von Precise Positioning.
PRÄZISES SPURHALTEN DANK GPS UND 5G
Die Lokalisierungsgenauigkeit von GPS liegt im Optimalfall irgendwo zwischen drei und fünf Metern – viel zu ungenau für das Befahren einer Ackerkrume. Precise Positioning, eine Lösung der Deutschen Telekom und des US-Navigationsspezialisten Swift, schafft eine Präzision von bis zu zehn Zentimetern. Wie das geht? Spezielle Antennen – in Deutschland ist bereits ein flächendeckendes Netz verfügbar – sammeln die GPS-Signale von jeweils 40 bis 50 GNSS-Satelliten (Global Navigation Satellite System). Aus diesen Daten sowie aus den exakten stationären Geodaten der Antennen berechnet ein Cloud-Algorithmus von Swift korrigierte, hochpräzise Positionsdaten und übermittelt diese über das 5G-Mobilfunknetz in Echtzeit an Fahrzeuge, Drohnen und autonome Maschinen. Dem Farmroboter von AI.Land hilft diese innovative Technologie, präzise in der Spur zu bleiben – und dem Menschen unliebsame Arbeit abzunehmen.
Quelle:
https://iot.telekom.com/de/blog/wie-5g-die-digitalisierung-der-landwirtschaft-befluegelt